Schon als Kind war ich fasziniert von Menschen, die selbständig oder unternehmerisch tätig waren. Ich gebe zu, ich war oft neidisch auf die anderen Kinder in meiner Klasse, von denen ich wusste, dass die Eltern ein Autohaus führten, eine Bäckerei oder andere Betriebe. Bereits in diesen jungen Jahren reifte in mir der brennende Wunsch später einmal genau das zu tun. Ein Unternehmen aufbauen, Mitarbeiter einstellen, gemeinsam Großartiges für die Menschheit zu leisten. Ich sah bereits damals glasklar den Unternehmer in mir, lebensgroß vor mir stehen.
„Unternehmer sind in meiner Welt Menschen, die fest und unerschütterlich daran glauben, dass sie etwas schaffen können, wo vorher nichts war“. Das begeisterte mich als Kind und tut es noch bis heute. Sinn und Nutzen erschaffen, zum Wohle aller Beteiligten.
Zunächst die Gedanken eines Einzelkindes, das nur sehr selten andere Kinder zum Spielen einladen durfte, weil unsere Vermieterin – ich sag’s mal ganz direkt – ein Drachen war. Entschuldigen Sie Frau B. aus T. 😉 So kam es, dass ich oft stundenlang mit mir selbst beschäftigt war. Ich spielte Lego, manchmal auch nur mit Holzklötzchen, aber nicht die schönen aus dem Spielwarengeschäft, Holzabfälle vom Holzhacken, die meine Urgroßmutter zum Heizen für den Ofen benutzte. Sehr gerne malte ich auch, die wildesten Geschichten und Abenteuer dachte ich mir aus und brachte sie in schillernden Farben zu Papier.
Das beflügelte meine Fantasie bereits damals. Im weiteren Verlauf meines Lebens waren genau diese Momente der „Einsamkeit“ die Quelle unzähliger Visionen, die ich später beinahe täglich entwickelte. Eine Zeit lang war ich nicht sicher, ob ich total oder einfach nur ein bisschen ver-rückt bin. 😂 Mein Steuerberater sagte später einmal zu mir, ich soll doch einfach die Visionen verkaufen. Es gäbe genug Unternehmer, die zwar jeden Tag vor sich hinarbeiten, am Ende jedoch kein echtes Ziel, keine Vision damit verfolgen.
Dieser Fähigkeit zu visionieren, Visionen zu haben und auch die Ruhe und Geduld diesen Gedanken einfach nachzugeben, ja sich ihnen regelrecht hinzugeben, dieser Fähigkeit verdanke ich im Rückblick alles, was mich heute auszeichnet. Hauptsächlich auch deswegen, weil ich so früh im Leben gelernt habe, allein zurecht zu kommen. Als ich älter wurde, ab der 5. Klasse, kauften meine Eltern ein Haus auf dem Dorf. Weit weg von meinem Geburtsort und dem „Drachenhaus“. Jetzt auf einmal hatte ich Platz. Die Fläche meines neuen Kinderzimmers, zusammen mit meinem Spielzimmer war größer als die gesamte Wohnung, in der meine Mutter und ich bis dorthin gelebt hatten.
Heute im Rückblick verstehe ich, dass ausreichend Platz zu haben nur dann Sinn macht, wenn du ihn auch nutzen kannst und vor allem willst. Ansonsten können zu viele Möglichkeiten auch Leistungsdruck und Stress auslösen. Wie so oft im Leben, dürfen wir erst lernen bevor die Möglichkeiten sich ergeben.
Dabei wäre es sicher leicht gewesen, in den ersten Jahren einfach zu resignieren. Wobei ich keine Ahnung habe, ob Kinder das überhaupt können. Aber als Schlüsselkind, wie der Begriff heute wohl lautet, war ich ganz oft in Situationen, die maximal unangenehm waren. Ich fuhr zum Beispiel im Alter von 7 Jahren, nach den Schultagen, oft allein mit dem Bus in die übernächste Ortschaft – Donaustauf, dort wo die Walhalla steht, weil meine Mutter dort arbeitete und ich somit nicht zu lange allein zu Hause bleiben musste. Meine Mutter arbeitete und mein Erzeuger ist seit ich denken kann Zigaretten holen. Will heißen, ich kenne ihn nicht, noch nie gesehen und auch sonst keinen Kontakt. Daher verbrachte ich unzählige Nachmittage in der Zahnarztpraxis.
Keine Ahnung wie es Ihnen geht, aber ich erinnere mich nur bruchstückhaft und schemenhaft an Ereignisse aus der Zeit zwischen 5 und 10 Jahren. Ein Bild, das sich für immer in mein Hirn gebrannt hat: Eines Tages, ich spielte wieder in den Räumen der Praxis und im Garten, kam ich an der Rezeption um die Ecke geflitzt und bremste schlagartig von 100 auf null – naja, Sie wissen schon, nicht wirklich 100 – das Ergebnis ist jedoch das gleiche.
Ich stehe wie angewurzelt vor einem kleinen Mädchen. Etwa in meinem Alter, 7 oder 8 Jahre, lange hellbraune Haare, weißes Oberteil und dunkelblaue Hose. Sie hat einen verzerrten Gesichtsausdruck und ihr Vater hält ihre rechte Hand, die sie hilfesuchend zu ihm hochstreckt. Dem Mädchen wurde ein paar Stunden zuvor ein Backenzahn gezogen. Der Grund, weshalb sie jetzt wieder in der Praxis stehen? Die Blutung hört nicht auf.
Das genaue Gespräch kann ich heute nicht mehr wiedergeben. Im Verlauf der Klärung des Sachverhalts jedoch wurde das Mädchen gebeten doch einmal den Mund zu öffnen, um zu sehen, wo denn das Problem liegt.
In dem Moment als ihre Lippen sich den ersten kleinen Spalt öffnen sprudelt ein massiver Strom dunkelrotes, schon leicht geronnenes Blut aus ihrem Mund. Dieser Blutschwall rinnt ihre Backen hinunter, ergießt sich über ihr Kinn, tropft vor ihr auf den Boden und bedeckt ihr weißes Oberteil mit irreparablen Flecken. Für mich ein Schockmoment sondergleichen.
Dieses Bild hatte ich lange Zeit immer wieder vor Augen, wenn ich selbst zum Zahnarzt musste. Sie können sich sicher vorstellen, dass derart prägende Ereignisse für einen 7-Jährigen nicht wirklich geeignet sind. Jeder Kino- oder Fernsehfilm, der solche Szenen zeigt, wäre sicher FSK12 oder noch mehr. Dass mich diese Situation massiv überforderte, bekam seinerzeit freilich niemand mit. Alle kümmerten sich sofort um das Mädchen. Wie sich herausstellte hatte sie die Stunden zwischen dem Zahnziehen und jetzt schlicht nicht geschluckt und daher kam die unglaubliche Menge Blut. Das änderte jedoch in meinem Kopf nichts mehr – das Bild ist da, für immer.
Ein weiteres Erlebnis prägte mich ebenso nachhaltig.
Nadeln im Kopf
Einiges an Zeit in der Zahnarztpraxis verbrachte ich mit der „alten Frau Doktor“, wie sie tatsächlich von allen in der Praxis liebevoll genannt wurde. Sie war eine ältere Frau, die viel Zeit mit asiatischen Lehren und Weisheiten verbrachte. Selbst schon öfter in Asien gewesen war und auch ihre Wohnung entsprechend dekoriert hatte. Frau Doktor beschäftigte sich bereits damals in den Siebzigern sehr intensiv mit der asiatischen Lehre vom Zusammenhang von Körper und Geist. Wie sich die Elemente beeinflussen und auch beeinflussen lassen, um dies für Heilung und Ähnliches zu nutzen.
Unter anderem war sie bekannt dafür auch schon mal Angestellte der Praxis für ihre Akkupunktur-Künste einzuspannen. So war die Reihe eines Tages auch an mir. Damals sehr geplagt von unzähligen Wachstumsschüben, verbunden mit heftigen Gelenkschmerzen, vor allem in den Knien, fand ich mich eines schönen Tages auf einem Behandlungsstuhl der Zahnarztpraxis wieder. Frau Doktor drapierte unzählige Nadeln in meinem Kopf. Heute als Erwachsener weiß ich, so etwas kann durchaus heilsam und förderlich sein.
Als Kind stellte ich mir die schrecklichsten Dinge vor!
- Wird es weh tun?
- Was wenn die Nadel in mein Gehirn sticht?
- Werde ich sterben?
Vielleicht können sie sich das Bild vorstellen. Ein 8-Jähriger auf dem Zahnarztstuhl, im Kopf unzählige Akkupunkturnadeln und ein Gesichtsausdruck wie sieben Tage Regenwetter vor lauter Angst. Mit meinem gespickten Kopf ließ mich Frau Doktor dann auch allein dort sitzen. Einige Minuten lang gingen mir unzählige Horrorvorstellungen durch den Kopf. Bis ich all meinen Mut zusammennahm und meine rechte Hand ganz langsam in Richtung meiner Schädeldecke bewegte. Ich versuchte zu fühlen, wo die Nadeln sind. Eventuell sogar die Nadeln wieder herauszuziehen. In dem Moment als mein Zeigefinger die erste Nadel berührte schreckte ich zurück. Mir war bis dorthin nicht bewusst, wie lang diese filigranen Akkupunkturnadeln sind. Diese Erkenntnis beschleunigte den Vorstellungshorror in meinem Kopfkino und ich verbrachte eine gefühlte Ewigkeit mit diesen Gedanken. Keine Ahnung wie lange es tatsächlich gedauert hat, bis Frau Doktor zurückkam. Kinder haben ja ein komplett anderes Empfinden für Zeit. Jedenfalls entfernte sie eine nach der anderen Nadel zügig und ich wurde in die „Freiheit entlassen“. Ich habe überlebt!
Auch zu dieser Erfahrung kann ich rückblickend sagen: „Ich hätte damals sehr gerne darauf verzichtet“. Zig Albträume hatte ich nämlich jahrelang. Nadeln, die sich in Gehirne bohren, die Menschen zu wilden, bösartigen Kreaturen machen, die wildesten Fantasien eben. Häufig lag ich nachts wach – schlicht und ergreifend deshalb, weil ich Angst hatte einzuschlafen.
Wenn meine Gedanken heute manchmal zurückschweifen in diese Zeit, kommt mir gern in den Sinn wie prägend all diese Erlebnisse waren – positiv wie negativ. Die positiven Elemente überwiegen jedoch. So bin ich zum Beispiel fest davon überzeugt, die asiatischen Lehren von Frau Doktor haben nachhaltig mein Interesse an dem gesamten Themenkomplex begründet. Nicht sofort, dafür 12‑15 Jahre später umso heftiger. Wir können unsere Stimmung durch Körperhaltung, Bewegung etc. beeinflussen und die geistige Einstellung wiederum beeinflusst unsere körperlichen Abläufe und Funktionen. Heute wissen wir über Bioresonanzmessungen und Ähnlichem, es funktioniert nachweisbar. Unzählige Studien bietet allein Google-Scholar zu diesen Themen.
Auch in Unternehmen ist „Work-Life-Balance“ ein ständig präsentes Thema. Die Einrichtung von Arbeitsplätzen, Konferenzräumen, „Thinktanks“ oder komplette Gebäudeplanung inkl. inspirierender Freiflächen sind eines von unzähligen Endergebnissen. Wenn Sie selbst einmal diese Atmosphäre zum Beispiel für Ihre Tagungen erleben wollen hier ein Tipp. Buchen Sie sich einen Konferenzraum im Schindlerhof und genießen Sie dieses Ambiente dort. Hier der Link für weitere Informationen https://www.schindlerhof.de/tagen/
Vieles von dem, was ich in meiner Kindheit fand, indem ich meiner Neugier und Intuition folgte, stellte sich später als unbezahlbar und wertvoll heraus. Steve Jobs bekannte Rede – Connecting the dots – bestätigt sehr viel von dem, was ich über meine Entwicklung sagen kann.
Wir können erst im Rückblick verstehen, wozu es nützlich und wichtig war. In dem Moment, wenn uns etwas passiert, widerfährt, wir diese Erfahrungen machen dürfen, sind sie oft nachteilig oder negativ.
Schon meine Urgroßmutter lehrte mich, immer an mich selbst die Frage zu stellen: „Wofür ist es gut?“. „Wer weiß wofür‘s gut ist.“ sagte sie auch oft zu sich selbst, wenn irgendetwas auf den ersten Blick nicht so großartig erschien. Natürlich verstand ich das als Kind noch nicht. Jedoch war ich immer schon gewillt hinzuhören und zu lernen.
Richard Branson sagt: „Wenn dir jemand eine große Chance bietet, du aber nicht sicher weißt, ob du der Aufgabe gewachsen bist, nimm die Chance an und lerne dann, wie man die Aufgabe löst. Niemand kriegt beim ersten Mal alles richtig hin. Was uns ausmacht, ist, wie wir aus unseren Fehlern lernen.“
Wie wichtig, wie richtig und wie wahr. Auf ihre eigene Art wusste das meine Urgroßmutter schon vor 40 Jahren. Ich glaube heute, rückblickend, vieles was sie mit mir unternommen, mir erzählt oder gezeigt hat, tat sie eben deshalb – um mir diese wichtige Grundlage zu vermitteln. Sie hat es nur anders formuliert. Natürlich war es mir unmöglich, all die Erfahrungen und Lerninhalte zu einem verständlichen Gesamteindruck zu verbinden, als ich ein Kind war. Es ist jedoch sehr, sehr klar, wenn ich heute 40 Jahre zurückblicke.
Wir müssen darauf vertrauen, dass unsere Erfahrungen in der Zukunft Sinn ergeben werden. Wir müssen auf etwas vertrauen, unser Bauchgefühl, Schicksal, Leben, Karma, was auch immer. Denn zu glauben, dass sich all unsere Erfahrungen verbinden werden, wird uns das Selbstvertrauen geben, unserem Herzen zu folgen. Auch wenn wir abseits bekannter Pfade unterwegs sind. Denn genau das wird den Unterschied machen!
Bleiben Sie neugierig und seien Sie gespannt auf Story #2 – Kloster vs. Unternehmen – Gemeinsamkeiten und Unterschiede
fehlerFREUDIGes Wochenende & immer dran denken »Wer schneller scheitert gewinnt!«